Helau, Alaaf ... und die Zahl 11


An ihren Fastnachtsrufen werdet Ihr sie erkennen:
Helau, Alaaf, Ahoi, und Wau Wau
Wie unterschiedlich sich Narren begrüßen

Jedes Jahr am "schmutzigen" Weiberdonnerstag tritt um 11 Uhr 11 der Kölner Bürgermeister auf den alten Marktplatz und ruft der wartenden Menge "Kölle Alaaf" zu. Dann übergibt er den Schlüssel der Stadt dem Prinzen und seinen Begleitern, die während der nächsten fünf Tage die Stadt regieren werden. Damit beginnt das närrische Treiben, und hier wie anderswo schallen nun die verschiedenen Fastnachtsrufe durch die Straßen. Woher die zum Teil seltsamen Vokabeln stammen, die jenseits des Aschermittwochs im alltäglichen Sprachgebrauch nicht vorkommen - der Antwort auf diese Frage ist die Fachgruppe Karneval im Deutschen Verband der Spielwaren-Industrie (DVSI) nachgegangen.

Das Kölner "Alaaf", das sich aus den Worten "all" und "ab" zusammensetzt, ist eine Besonderheit der kölnisch-niederfränkischen Mundart und heißt soviel wie "ganz besonders". 1733 tauchte dieser Begriff erstmals in den Akten als Hochruf auf die Stadt auf und war bis zum 19. Jahrhundert wohl als Trinkspruch geläufig. Erst dann wurde es zur Begrüßungsformel im Karneval. Damals mussten sich den gesetzlichen Bestimmungen entsprechend die Fastnachtsvereine nach dem Aschermittwoch wieder auflösen. 

Das, was wir heute Prunksitzung nennen, waren nichts anderes als ganz normale Mitgliederversammlungen. Um bei diesen Treffen Mitglieder von Nicht-Mitgliedern unterscheiden zu können, verabredete der Verein eine Erkennungsparole. Man begrüßte sich anstatt mit "Hallo" mit dem etwas abgewandelten "Helau" - dem häufigsten unter den Fastnachtsrufen, mit "Alaaf", "Ahoi" oder einer anderen geheimen Formel - ganz nach dem Motto des Baron von Zitzewitz: "Gleiche Männer, gleiche Kappen, gleiche Rufe". Noch heute unterscheiden sich so die Karnevalsgesellschaften in vielen Städten. In Nürnberg zum Beispiel haben die 16 Vereine zehn verschiedene Rufe, die aber längst nicht mehr nur den Mitgliedern der Gesellschaften bekannt sind. 

Die Vielfalt der Ausdrücke bezeugt den Einfallsreichtum der Närrinnen und Narren. So ruft man in Bregenz "Ore Ore", in Bludenz "Jöri, Jöri Kuttablätz", in Feldkirch "Spälta, Spälta hoch", in Buchen "Hinne houch" oder in Annweiler mit Verweis auf den Trifels "Trilau". Das "Wau Wau", das in der Nähe von Bayreuth geläufig ist, geht zurück auf den Hund im Wappen einer bayrischen Nebenlinie der Hohenzollern. Noch nahe liegender ist das "Wau Wau" des Mannheimer Vereins Die "Bernhardiner". 

Wie die Karnevalisten zu ihren Erkennungsparolen gekommen sind, ist von Fall zu Fall verschieden. Eine der witzigsten Entstehungsgeschichten ist vom "Tschi-Tscha-Tscha" überliefert, das man zwischen Schopfloch und Dinkelsbühl in Franken hört: Dort gab es den Brauch des Haberfeldtreibens. Wenn eine Jungfer vor der Ehe ein Kind gebar, statteten ihr die Dorfbewohner einen nicht besonders freundlich gesinnten Besuch ab. Ihr Haus wurde gebrandmarkt, indem ein Kinderwagen auf dem Schornstein befestigt wurde. Bei einem solchen Vorfall soll der lispelnde Vater der Verfemten beim Anblick der ankommenden Bürger versucht haben zu sagen: "Da sind sie ja!" In seiner Aufregung kam ihm jedoch nur ein "Tschi Tscha Tscha" über die Lippen. 

Welcher Begriff auch immer während der Karnevalszeit von den Narren zur Begrüßung gerufen wird, er ist noch immer ein Erkennungszeichen. Wer auf einer Prunksitzung in Köln "Helau" sagt, ist nicht gerade Insider. Aber umgekehrt: Wenn einer wie der amerikanische Präsident John F. Kennedy anlässlich eines Besuchs in der Domstadt am 23. Juni 1963 die Kölner mit "Kölle Alaaf" begrüßt, bedeutet ihnen das genau so viel wie den Hauptstadtbewohnern Kennedys Aussage "Ich bin ein Berliner". Das Bekenntnis des US-Präsidenten war für die Karnevalsgesellschaft "Große Kölner" Grund genug, Kennedy und den damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer auf ihrem Sessionsorden mit der Textzeile "Nit nur Kölsche sagen Alaaf" zu würdigen. Nach der Ermordung Kennedys kamen Zweifel auf, ob der Orden noch weiter verteilt werden könnte. Doch die US-Botschaft gab ihr okay. Seitdem wird er zwar ausgegeben, aber auf einem Beipackzettel mit der Bitte versehen, ihn nicht zu tragen. 

Wenn es also das nächste Mal wieder heißt "Raus aus den Alltagsklamotten und hinein in das Narrenkleid", sollte man sich vorab mit den richtigen Fastnachtsrufen vertraut machen. Das gilt insbesondere, wenn man den Karneval in einer anderen Stadt feiert. Dann kann man sich Peinlichkeiten ersparen und bei den Narren vor Ort jede Menge Pluspunkte machen.

 

Woher kommt die Narrenzahl „elf“?
Narrengebräuche haben einen tiefen Hintergrund

Zu den Eigentümlichkeiten der Fastnachts- und Karnevalsbräuche gehört die Bevorzugung der Zahl Elf, der sogenannten Narrenzahl, die in den vielfältigsten Zusammenhängen vorkommt. So ist ein Elferrat das Organisationskomitee der karnevalistischen Vergnügungen und Aktivitäten, und am 11. 11. beginnt be­kanntlich die närrische fünfte Jahreszeit. Die Fachgruppe Karneval im Deutschen Verband der Spielwaren-Industrie bringt etwas Licht in das geheimnisvolle Dunkel, das die „närrische“ Zahl Elf umgibt. 

Die Fastnacht dient im Prinzip als Darstellung einer Welt, in der die alltägliche und gewöhnliche Ordnung aufgehoben oder über­schritten wird. Daher liegt es nahe, dass auch die Zahl Elf etwas mit dieser Normüberschreitung zu tun haben könnte. Und in der Tat: In der christlichen Mythologie verweist die Zahl Elf immer entweder auf die Sünde, wobei sie bei den Narren wohl manchmal richtig liegt, oder auf die letzte Stunde, die geschlagen hat. So ist die Uhr, deren Zeiger auf elf oder kurz vor zwölf steht, ein Zeichen der Vergänglichkeit. Die Elf überschreitet auch als erste Zahl das zehnte Gebot. 

Einen rechtschaffenen und dem Humor und der Fröhlichkeit er­gebenen Elferrat daher als unchristlich oder gar sündig zu bezeichnen wäre sicherlich vermessen, zumal eine andere Erklärung diese Zahl gar mit der französischen Revolution in Zusammen­hang zu bringen versucht. Am 14. Januar 1827 prägte der Kölner Generalmajor Freiherr von Czettritz die hübsche fastnächtliche Devise: „gleiche Brüder, gleiche Kappen“, und man versuchte, das Wort E-L-F aus den Anfangsbuchstaben der Begriffe „Egalité - Liberté - Fraternité“, dem Kampfruf der französischen Revolution, abzuleiten. 

Erklärungen, warum die Zahl Elf einen solch’ närrischen Cha­rakter hat, gibt es also genug. Selbst die Initialen des Narrenspruches „Ey lustig fröhlich“ auf dem Siegel einer Urkunde des Jahres 1381 wurden einst als Grundlage in Betracht gezogen. 

Auch heute ist vielen Narren eins gemein: Sie halten der Gesell­schaft einen Spiegel vor, in dem sich die Betrachter meist nicht gerne wiedererkennen. Denn die Wahrheit ist nun ‘mal oft recht närrisch. Und so waren es auch „Aylff Narren“ - ein mittelalterlicher Elferrat - die auf einem Nürnberger Flugblatt aus der Zeit um 1530 so töricht sind, daß „ayner dem anderen die warheyt sagt“. 

 

Texte stammen von:
FACHGRUPPE KARNEVAL IM DEUTSCHEN VERBAND DER SPIELWAREN-INDUSTRIE (DVSI)
vertreten durch das:
Pressebüro Dieter Tschorn & Partner, Postfach 101152, 69451 Weinheim,

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